Ja, das war unsere erste Corona-Ausstellung. Wir hoffen es bleibt die einzige. Dennoch war es ein Erlebnis und lehrreich. Es zeigte uns u.a. auch auf, welchen Stellenwert Kunst und Kultur in der Politik, Bund wie Länder, einnimmt. Und da müssen wir ganz dringend etwas ändern. Viele Städte und Gemeinden haben mit Phantasie und Engagement einiges auf die Beine gestellt, um schnell und unbürokratisch zu helfen.
Es besteht aber die Gefahr, dass ihnen ihr beherztes Zupacken nun auf die Füße fällt: Es stehen Vorwürfe im Raum, man hätte nicht genügend sorgfältig geprüft und müsse deshalb Geld zurückfordern. Dazu passt die Aussage unserer Ministerpräsidentin, dass Sorgfalt immer vor Schnelligkeit stehen muss. Es gibt aber Situationen, wo man definitiv einfach nicht mal abwarten kann, weil sonst der Patient tot ist, da ist Schnelligkeit oberstes Gebot! Das selbe Spiel mit Rückforderungen hat die Bundesregierung den Ländern angedroht.
Im nächsten Jahr sind Wahlen im Land und Bund und damit eine gute Gelegenheit, mit unseren Abgeordneten, Kandidaten und Parteien über das Thema zu debattieren.
Was vom Land getan wurde, war lange Zeit nicht wirklich wirksame Hilfe. Zu wenig durchdacht, weit weg von der erlebten Realität, zu bürokratisch und mit so vielen Vorbedingungen verknüpft, dass die wenigsten Kulturschaffenden der freien Szene damit eine tatsächliche Hilfe erfahren konnten.
Aber, das gehört auch dazu und wir sagen es gern: Man hat gelernt. Es wurden zusätzliche Programme aufgelegt und die Bedingungen wenigstens teilweise so angepasst, dass sich Kulturschaffende der freien Szene darin angesprochen fühlen, und Anträge niederschwellig ausfüllbar sind. Wir hoffen sehr, dass sich diese Tendenz fortsetzt, und vor allem die Hilfen und Angebote nicht zum Ende des Jahres auslaufen. Denn die schwierigste Strecke kommt erst noch.
Die Perspektiven angesichts tiefer Löcher in allen öffentlichen Haushalten lässt erahnen, dass dort auf absehbare Zeit kein kulturelles Engagement mehr finanzierbar sein wird, auch wenn man das wollte. Es sei denn, man räumt der Kultur den Stellenwert ein, den sie verdient und der im Übrigen in der Landesverfassung auch verankert ist:
“Das künstlerische und kulturelle Schaffen ist durch das Land, die Gemeinden und Gemeindeverbände zu pflegen und zu fördern.... Die Teilnahme an den Kulturgütern des Lebens ist dem gesamten Volke zu ermöglichen (Artikel 40/1)”.
Dennoch wird Kulturförderung von ADD und Rechnungshof stets als erstes aus den Haushalten gestrichen, wenn diese nicht ausgeglichen sind - was sie auf Jahre hinaus nicht sein werden. Diese Praxis muss dringend geändert werden.
Anja Hantelmann über Collagen von Nicola Jaensch und die Fotografien „Crossings“ von Jörg Heieck
Auf Jörg Heiecks Fotografien kreuzen sich Straßen, Menschen kreuzen Straßen und Plätze zu Fuß, auf dem Rad, im Auto, kreuzen Blicke. Nebeneinander betrachtet kreuzen sich verschiedene Länder oder gar Kontinente. Kreuzen birgt Bewegung in sich, denn zwei oder auch mehrere Elemente kommen aus verschiedenen Richtungen aufeinander zu, überschneiden sich und entfernen sich voneinander. Es sind Panoramafotografien und doch handelt es sich um Ausschnitte, sowie zeitlich als auch formal. Menschen bewegen sich in die Szenerie hinein oder bewegen sich aus dem Format heraus – ein wenig wie auf Filmstills. Ich stelle mir das Davor und das Danach vor. Auch meine ich den Lärm zu hören, sogar das schreien des Babys auf einem der Plakate.
Großformatige Werbeflächen auf einigen Motiven bringen weitere Bedeutungsebenen hinzu. Anpreisungen von Konsumgütern, Botschaften, Ankündigungen kontrastieren zur restlichen Umgebung und zu den Menschen, die sich darin bewegen. Automatisch vergleiche ich mit hiesigen Straßenszenen. Die leeren Bildszenen sind mir momentan seltsam vertraut. Stehen und gehen die Menschen nicht zu eng zueinander? Es ist erstaunlich, wie sich Blickweisen binnen kurzem verändern.
Die Collagen von Nikola Jaensch kommen in diesem Zusammenhang wie Rückzugsgebiete daher. Textfragmente, alte Werbung/Anzeigen, Fotografien aus Magazinen verbinden sich mit zeichnerischen Elementen. Auch hier entwickeln sich durch Kombination neue Bedeutungsebenen. Es entstehen Räume wie in Träumen, in denen sich verschiedene, auch einander widersprechende Traumbilder aneinanderreihen, aufeinander aufbauen und am Ende ein spürbares Ganzes entstehen lassen. Jörg Heieck nimmt uns mit auf die Reise in entfernte Länder, Nikola Jaensch entführt uns ausserdem in Gedankenwelten, in denen wir entlangspazieren können. So bewegen wir uns durch alte Zeiten, unsere Kindheit, durch Märchen, durch kollektives Vermächtnis. Farbe und Zeichnung sind verbindende Elemente. Sie sorgen für Auflösung von Überschneidungen, Transparenzen lassen Bildteile verschwinden oder auftauchen. Der Blick wandert, bewegt sich suchend durch die Bildräume und wird doch zu keiner konkreten Erklärung kommen.
Gerne würde ich die Arbeiten im Original sehen. Sicherlich ist die Farbigkeit anders als auf der digitalen Abbildung. Auch spielt das Format eine Rolle, das auf der Website leider nicht angegeben ist. Ich stelle mir die Collagen kleiner vor als die Fotografien, hoffe aber, dass sie groß genug sind, um mich darin verlieren zu können. Die Fotografien wiederum wünsche ich mir so groß, dass ich mich als Teil fühlen kann, wenn ich nah davor stehe.
Ich freue mich auf den Ausstellungsbesuch!